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Apple Maps Fahrradrouten in der Innenstadt

·1267 words·6 mins

Note: this post is in German, since it mostly concerns the local cycling situation in my hometown of Cologne and how it is reflected in Apple Maps Cycling.

Seit heute bietet Apple Maps auch in Deutschland Navigation für Fahrradfahrer an1. An Hand einer meiner persönlichen Standardrouten habe ich das neue Feature ausprobiert. Auf den ersten Blick hat es mich noch nicht überzeugt.

Als (offensichtlich nicht repräsentativen) Test habe ich die Route Helmholtzplatz – eine kleine Grünfläche im Westen Ehrenfelds – zum Rudolfplatz – einem zentralen Platz im Westen der Innenstadt – eingegeben. Das sind ca. 4km, eine Strecke die viele Pendler aus Richtung Ehrenfeld oder Bickendorf auch mit dem Rad zurücklegen. Der Startpunkt ist absichtlich so gewählt, dass er nicht auf einer der bekannten Standardrouten liegt und die Navigation so “gezwungen” wird, eine Wahl zu treffen.

Apple Maps Fahrradroute
Apple Maps Navigation für Fahrrad vom Helmholtzplatz zum Rudolfplatz in Köln. Vorgeschlagen werden die Subbelrather Straße, die Venloer Straße, sowie Teile der Aachener Straße/Richard-Wagner-Straße.

Die größten Ein- und Ausfallstraßen aus Richtung Westen in die Innenstadt sind die Aachener Straße und die Venloer Straße. Beide sind Zubringer von Autobahnabfahrten an der A1 (Lövenich/Müngersdorf und Bocklemünd) sowie als Teil der Bundesstraßen B55 bzw. B59 von Städten aus dem Umland (Frechen, Pulheim, Bergheim). Entsprechend sind dies die meistbefahrenen Straßen aus Richtung Westen und zu den üblichen Zeiten normalerweise verstopft.

Aus Sicht eines Radfahrers hat die Aachener Straße gegenüber der Venloer Straße, zumindest in den äußeren Bezirken, den Nachteil der größeren Lautstärke und des dichteren Verkehrs durch die größere Anzahl an Spuren, aber als wesentlichen Vorteil einen baulich abgesetzten Radweg, der ohne großen Konflikt mit den wenigen Fußgängern auf dem durch Bordsteinerhöhung abgetrennten Fuß-Radweg mit großzügiger Breite und in annehmbarer Qualität geführt wird. Im Stadtzentrum wird die Verkehrsführung gesplittet, der Verkehr stadteinwärts wird über die Richard-Wagner-Straße geleitet, die als Radfahrer wenig Spaß macht und ein ähnlich begrenztes Platzangebot wie die Venloer Straße bietet. Stadtauswärts wurde eine komplette Autospur der Aachener Straße vom Rudolfplatz bis fast zur Inneren Kanalstraße, d.h.über eine Länge von knapp 1km, in eine Radspur umgewandelt. Hier lässt es sich nun komfortabel auswärts radeln, und den Fußgängern und Cafébesuchern auf dem sehr belebten ersten Teilstück wird nun entsprechender Raum gegeben.

Mein persönliches Fazit ist, dass diese Route stadteinwärts nach wie vor nicht sonderlich attraktiv ist, stadtauswärts aber, je nach Ziel (Lindenthal, Müngersdorf), deutlich an Attraktivität gewonnen hat2.

Die Venloer Straße ist durch ihre intensive Nutzung als Einkaufs- und Geschäftsstraße, die vielen Restaurants, Bars und Dönerbuden, die zu einem erhöhten Fußgängeraufkommen führen, und den sehr begrenzten Platz, notorisch verstopft und umkämpft. Zu Stoßzeiten macht es niemandem, egal in welchem Verkehrsmittel (nicht mal in der verspäteten und überfüllten U-Bahn der Linien 3 und 4, die unter der Straße geführt nicht unter dem Platzmangel leidet), Spaß, sich hier entlang zu bewegen. Es gibt einen viel zu engen Radweg, der teilweise nicht mehr benutzungspflichtig ist, aber man ist in einem ständigen Konflikt, ob man, rechtskonform, auf der überfüllten Straße zwischen von Stop-And-Go genervten Autofahrer entlangrollt, oder doch auf dem baulich getrennten schmalen Radstreifen das Risiko in Kauf nimmt mit einem Fußgänger zu kollidieren. Kurz, für den Transit versuche ich die Venloer Straße zu vermeiden so gut es geht und frequentiere sie nur für Erledigungen vor Ort, dann am liebsten zu Fuß.

Konsequenterweise vermeidet Apple Maps auch häufig die Auto-Führung über die Venloer Straße und lässt Autofahrer weiträumig über Aachener Straße oder A57 in die Innenstadt gelangen:

Apple Maps Autoroute
Apple Maps Navigation für Auto vom Helmholtzplatz zum Rudolfplatz in Köln. Vorgeschlagen werden die Umfahrungen über Äußere Kanalstraße/A57 im Norden, Aachener Straße im Süden, sowie mittendurch über die Vogelsanger Straße, die in diesem Abschnitt parallel zur Venloer Straße verläuft.

Die von Apple Maps für Radfahrer vorgeschlagene Route entlang der Venloer Straße bis zum Ring ist der 08/15 Weg, den jeder findet3, der aber Kriterien wie Lärm- oder Abgasbelästigung und Platzangebot nicht berücksichtigt und den ich daher nicht als speziell für Radfahrer ausgewählt nachvollziehen kann. Es ist eben die Standardnavigation und wahrscheinlich durch die kurze Entfernung und die Existenz eines Radwegs erzeugt worden. Zugegebenermaßen wird die Strecke auch viel frequentiert, im Sommer reicht der Platz auf manchen Verkehrsinseln an Kreuzungen nicht aus für alle Radler, die eine einmündende Straße queren wollen.

Neben dieser offensichtlichen Strecke gäbe es noch alternative Routen über die Weinsbergstraße, Vogelsangerstraße und Subbelrather Straße. Die erstgenannte blende ich aus, weil ich sie subjektiv als sehr unattraktive Mischung empfinde: viel befahren, über weite Strecken gewerbliche Bebauung mit dem entsprechenden Querverkehr, mit dem Rad oder zu Fuß macht es wenig Spaß hier entlang zu fahren oder zu gehen und erst im Streckenabschnitt entlang des Melatenfriedhofs bis zum Grüngürtel eine empfehlenswerte Alternative. Vogelsanger und Subbelrather Straße sind beides keine Ausfallstraßen, führen daher im wesentlichen innerstädtischen Verkehr und sind entsprechend weniger befahren.

Die Subbelrather Straße, ebenfalls von Apple Maps vorgeschlagen, hat über weite Teile ein deutlich besseres Platzangebot als die Venloer Straße, einen breiteren Fahrradstreifen, und man kann sich verhältnismäßig sicher bewegen – wenn man denn den Rechtsabbiegerunfall an der Inneren Kanalstraße mit tödlichem Ausgang für den Radfahrer vor einigen Jahren ausblendet4. Als Zubringer aus Neuehrenfeld (der nördliche Bereich des Stadtteils) naheliegend, liegt sie für die geteste Route jedoch zu weit nördlich und stellt daher meiner Meinung nach – nicht aber für Apple Maps – einen zu großen und angesichts der Alternativen auch unötigen Umweg dar.

Die Vogelsanger Straße wurde kürzlich saniert und mit – nicht baulich getrennten, sondern aufgemalten – breiten Fahrradstreifen auf beiden Seiten und neu gepflasterten, ebenfalls breiten Bürgersteigen ausgestattet. Sie ist auf Grund des geringeren Verkehrsaufkommens meine bevorzugte Wahl. Ein weiterer Vorteil ist die sich im innerstädtischen Bereich anschließende Straßenführung in Richtung Zentrum, die über Nebenstraßen läuft.

Apple Maps bevorzugte Fahrradroute
Apple Maps Navigation für Auto vom Helmholtzplatz zum Rudolfplatz in Köln. In rot händisch eingezeichnet die Streckenführung, die ich selbst mit dem Rad bevorzuge.

Diese sind zwar nicht mit Radwegen ausgestattet, aber grundsätzlich wenig befahren, oftmals auch Einbahnstraßen für Autos, nicht aber für Radfahrer. Zu guter letzt endet die Strecke just an dem Teil des Kölner Rings, an dem ebenfalls eine der Autospuren in eine Radspur umgewandelt wurde, und die letzten Meter zum Ziel können relativ komfortabel auf einer breiten Spur (mit geringem Konfliktpotential beim Einfädeln an der Rechtsabbiegerspur zur Aachener Straße) zurückgelegt werden.

Absurderweise schlägt also Apple Maps für Autofahrer eine Nebenstrecke als Alternative zu viel befahrenen Standardrouten vor, nicht jedoch für Fahrradfahrer.

Eines der Kriterien, die ich persönlich anlege, um eine innerstädtische Radroute zu finden, nämlich so wenig Autoverkehr wie möglich, wird in der Navigationslösung offensichtlich nicht konsequent5 angewendet, stattdessen geben Radwege ungeachtet der tatsächlichen vor-Ort Situation den Ausschlag. Möglicherweise sind meine Ansprüche hier zu hoch, und es ist unrealistisch, die hierfür notwendigen lokalen Daten in einer (Standard) Navigationslösung zu erwarten.


  1. Auf der Verfügbarkeitsseite von Apple selbst wird Deutschland noch nicht gelistet, aber ein Auswählen der Navigation Fahrrad schlägt jetzt Routen vor und liefert keinen Fehler mehr. ↩︎

  2. Leider jedoch nur bedingt für den Fall, dass man in Richtung Ehrenfeld/Bickendorf unterwegs ist. Die von der Wegstrecke her ideale Diagonale über die Oskar-Jäger-Straße entlang des Melatenfriedhofs hat einen Radweg, der in einem katastrophalen, aus meiner Sicht unbefahrbaren, Zustand ist. Das gilt einerseits für eine absolut unübersichtliche Wegführung, die mit Fußgängerwegen, Fahrbahnen, Parktaschen/-streifen und Einmündungen durchsetzt ist, andererseits für den holprigen, nicht nur durch Baumwurzeln völlig unzumutbaren Belag. ↩︎

  3. Auch Google Maps fällt nichts Besseres ein als die Venloer Straße entlangzuradeln. ↩︎

  4. der Unfall führte zur Installation einer Ampelwarnanlage und besserer Fahrbahnmarkierung, aber die grundsätzliche Verkehrsführung wurde nicht geändert. Ein Geisterfahrrad markiert die Stelle bis heute. ↩︎

  5. Gut gefällt mir an der dritten Variante, die Apple Maps vorschlägt, dass zumindest eine Teilstrecke durch den Inneren Grüngürtel geführt wird, eine autofreie Strecke rein für Fußgänger und Radfahrer. ↩︎